Ein kleiner Blick in den historischen Schrebergarten
Der erste Schreberverein wurde 1865, vier Jahre nach Schrebers Tod, von seinem Kollegen, dem Schuldirektor Ernst Innozenz Hauschild, gegründet. Zusammen mit den Eltern seiner Schüler einigten sich die Urheber, dass der Verein eben nicht Schul- oder gar Erziehungsverein heißen sollte. Der Verein ermöglichte den Kindern von Fabrikarbeitern unter pädagogischer Betreuung spielen und turnen zu dürfen. Man traf sich also auf besagter Wiese, dem sogenannten Schreberplatz. Bis dato war der Schreberplatz in Funktion und Name noch kein Garten.
Revolutioniert wurde das Projekt erst durch den Lehrer Heinrich Karl Gesell. Er legte auf dem Platz einige Gärten an. Diese sollten zunächst als weitere Spielareale dienen. Doch rasch fanden erst die Eltern, dann die ganze Familie Gefallen an der grünen Anlage. Aus den „Kinderbeeten“ am Rand des Schreberplatzes wurden „Familienbeete“, die man später parzellierte und umzäunte. Von da an nannte man die Beete „Schrebergärten“.
Bald gingen diese Gärtchen in die Obhut der Eltern über und im Jahr 1869, als die Initiative bereits rund 100 Parzellen umfasste, gab sie sich eine Vereinssatzung. Geräteschuppen, Lauben und Zäune wurden errichtet. 1891 waren bereits 14 weitere Schrebervereine in Leipzig gegründet worden. Die historische Kleingartenanlage „Dr. Schreber“ steht heute unter Denkmalschutz und beherbergt seit 1996 das Deutsche Kleingärtnermuseum.
Historisch gesehen hatten die Schrebergärten einen zweiten wichtigen Auftrag. Kleingartengebiete wurden vielerorts in Europa ausgewiesen, um der Bevölkerung vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg eine bessere Ernährung zu ermöglichen. Aufgrund des Wohnungsmangels in Deutschland wurden die Lauben der Kleingartenanlagen oft ungenehmigt erweitert und wohnbar gemacht. Diese Schwarzbauten wurden von der Stadtverwaltung meist geduldet und den Bewohnern lebenslanges Wohnrecht zugestanden.
Heute heißt es in den deutschen Schrebergärten eher leben und leben lassen. Zweiteres ist allerdings oft gar nicht so einfach. Hinter den penibel geschnittenen Hecken spähen vielerorts die Schreber-Mießmacher. Sie warten nur darauf, dass der Nachbargarten Anzeichen der Verlotterung zeigt. Naserümpfend treten sie den Hobbygärtnern, die vorrangig in ihre Parzelle kommen, um neue Pflänzchen zu setzen, gegenüber. Hier beweist sich deutsche Spießigkeit. Dabei sei allen Schrebergärtnern empfohlen, das „Kriegsbeil“ zu begraben und beim nächsten Grillabend auf das herrliche Stück Grün anzustoßen.